Dienstag, 27. September 2011

Kennst Du das Land, wo die Apotheken blühen?

Wie gut man es hat, weiß man oft erst, wenn es plötzlich anders ist. In Deutschland gibt es eine Apotheke an jeder Straßenecke. Man hat die Wahl zu welcher man geht. Hier gibt es deutlich weniger und letztens passierte das: Ich war mit Flexibaby beim Arzt, er brauchte ein Antibiotikum. Unser Arzt meinte, er könne das Rezept gleich an die Apotheke im Einkaufszentrum um die Ecke leiten, dann ist das Medikament heute Nachmittag garantiert da. Ich staunte mal wieder, wie fortschrittlich die Dänen in diesem Punkt sind. Nachmittags dann eine böse Überraschung, nein, das Medikament sei nicht da und nein, heute kommt es nicht mehr, aber sie kann den Vorgang gern stornieren und ich kann es woanders holen. Die nächste mir bekannte Apotheke ist 20 Minuten weg und erfordert die Fahrt mit zwei verschiedenen, sprich allen vorhandenen, Metrolinien. Sie seien ja auch keine richtige Apotheke, verteidigte sich die Verkäuferin. Ach, der Laden sieht also nur zufällig so aus wie eine Apotheke und verkauft Medikamente? Ich streckte die Waffen, mit zwei kleinen Kindern im Schlepptau nach fünf Uhr nachmittags und dem Ein-Frau-Marathon Kinder bespaßen, bekochen, zur Körperpflege nötigen, ins Bett bringen vor mir, mussten die Antibiotika bis morgen warten. Ja, die kommen dann morgen Nachmittag. Super, Medikamente werden einmal am Tag ausgefahren. Sie seien ja keine richtige ..., ich hatte verstanden, dass ich hier nichts mehr kaufe. Und wünschte mich zurück, zu meiner kleinen Apotheke um die Ecke, wo schon mal gefragt wurde, ob man das Medikament heute Abend noch schnell vorbeibringen soll, wo ein paar Proben ins Tütchen gesteckt wurden und von der mein Großer jahrelang dachte, es sei ein Gummibärchenladen.

Sonntag, 18. September 2011

Wahlgedanken

Was mich die ganze Woche beschäftigt hat: Warum wählen die Dänen an einem Donnerstag ein neues Parlament? Warum nicht an einem Sonntag? Ich habe mal rumgefragt und die simple Antwort war: Der Ministerpräsident ruft im Laufe einer gesetzlichen Frist die Wahl aus, und nach dieser Ausrufung wird nach Ablauf einer ebenfalls festgesetzten Frist gewählt. Der Wahlkampf war kurz und heftig und dann wurde an diesem Donnerstag bis 20:00 Uhr abgestimmt. Immerhin lange Öffnungszeiten. Anstehen war abends inklusive, sagten die Nachbarn. Die Wahlen gingen erfreulich aus. Helle Thorning-Schmidt wird die erste dänische Ministerpräsidentin und der rote Block übernimmt die Regierung. Unterlegen ist der blaue konservative Block, der zehn Jahre regierte und sich vor allem mit einer rigiden Ausländerpolitik profilierte. Dieses Mal ging diese Strategie nicht auf. Ich hoffe mal, dass die albernen Grenzkontrollen bald der Vergangenheit angehören.

Mittwoch, 14. September 2011

Fortgesetzter Identitätsverlust

Die gute Nachricht zuerst: Ein Teil meines Identitätsverlustes konnte rückgängig gemacht werden. Das große Kind nennt mich wieder Mama und nur dann mor, wenn er dänisch mit anderen über mich spricht. Dafür, so musste ich im Verlauf des letzten Jahres feststellen, habe ich meinen Nachnamen vollständig eingebüßt. Nirgends wird er benutzt weder in der Sprachschule noch beim Arzt noch sonst wo. Bei der Vorstellung Frau sowieso genannt zu werden, beginnen Däninnen zu kichern, auch jenseits der 50. Fru, dass ist völlig veraltert. Bleibt einzig mein Vorname. Bei dem jedoch ergab sich ein altbekanntes Problem. Ich trage einen so alten Vornamen, das er zwar in ganz Europa und darüber hinaus verbreitet ist, jedoch immer anders gesprochen wird. Hier in Dänemark wird aus Agnes so in etwa Aunes. Ich gebe zu, eine Weile habe ich gar nicht registriert, dass mich die Leute mit meinem Vornamen ansprechen. Dann habe ich angefangen, die Leute zu bitten mich deutsch auszusprechen, aber das kann man auf Dauer nicht durchhalten und irgendwie kommt es mir auch unhöflich vor, jeden neuen Kindergartenerzieher, Bekannten etc. darauf hinzuweisen, dass er sich ja netterweise den richtigen Namen gemerkt hat, aber die Aussprache ganz anders sei.

Sonntag, 4. September 2011

Wenn links rechts ist, oder doch alles ganz anders

Der Mann an meiner Seite schaltete heute Punkt sechs den Fernseher ein, um sich die Wahlprognosen auf ARD anzuschauen. Normalerweise hätte er dann weiter zum ZDF geschaltet, aber das empfangen wir leider nicht. Ich stand beim Kartoffelschälen in der Küche, also wurden mir Prognosen und dazugehörige Kommentare lautstark übermittelt.

Auch in Dänemark wird demnächst gewählt. In den letzten Tagen wurde der Wald aus Wahlplakaten immer dichter. Es scheint eine Menge Parteien zu geben. Ich habe schon Listenplatz i gesehen. In Deutschland haben wir eine Meinung zu den einzelnen Parteien, kennen Kandidaten und Positionen, sofern vorhanden. Hier ist Politik für uns Neuland. Was wir als erstes lernten war, dass die Partei mit dem Namen Venstre, übersetzt Links, für konservative Politik steht. Sie selbst nennen sich liberal und stellen den jetzigen Regierungschef. Ihre harten Aussagen in Bezug auf Einwanderer und Ausländer hatten ihnen 2001 viele Stimmen gebracht. Meine Dänischlehrerin malte uns letztens auf Nachfrage die Parteienlandschaft an die Tafel. Venstre verzeichnete sie rechts von der Mitte. Bleibt immer noch die Frage, wie ich mir das jetzt vorstellen muss, als CSU oder als rechter Rand derselbigen oder rechtskonservative Liberale oder?